Wie üblich führt in den neuen Ton der Zwölftonreihe ein
obligater
Sekundschritt, und dieser Tonschritt findet normalerweise Eingang
in den musikalischen Satz. Allerdings findet man im Beispiel unten zwei
Varianten dieses Stimmführungsprinzips:
In Takt 7 würde normalerweise der Reihenton "f" durch
den obligaten Sekundschritt e-f erreicht werden, während der Akkordton
"ges=fis" liegen bleibt. Othmar
Steinbauer lehrte, daß man in einem Fall, wie er hier vorliegt,
zum Reihenton "f" auch durch den hier möglichen Sekundschritt
(ges-f in der Unterstimme) gelangen kann, wenn andererseits in Gegenbewegung
ein Sekundschritt (also e-fis in der Oberstimme) in den verlassenen
Liegeton "fis=ges" zu führen vermag ("Steinbauersche
Sekundkreuzung").
Einer gleichgelagerten Situation begegnet man in Takt 4: Der obligate
Sekundschritt heißt laut Klangreihe ges-g, der Liegeton "f".
Im Sinne der "Steinbauerschen Sekundkreuzung" schreitet in
der Mittelstimme der Akkordton "f" in den Reihenton "g",
während die Unterstimme den durch den Ton "des" durchbrochenen
(modifizierten) Sekundschritt ges-f in Gegenbewegung bringt (Baßführung
ges-des-f statt ges-f).
Für die harmoniefremden (akkordfremden) Töne werden ausschließlich
Reminiszenztöne
und an einer Stelle (im 6. Takt) auch der Reminiszenzton des Reminiszenztones
herangezogen: der Akkordton "b" besitzt den Reminiszenzton
"a", und dieser selbst den Reminiszenzton "h=ces"
(siehe das Skriptumblatt "
Der
akkordisch begleitete einstimmige Satz mit Reminiszentönen").
Da ein Reminiszenzton jener Ton des obligaten (!) Sekundschrittes ist,
welcher in den Reihenton hineingeführt hat, gilt beim Auftreten
der "Steinbauerschen Sekundkreuzung" (Takt 7) das folgende
Prinzip: Zum Reihenton "f" gehört weiterhin der Reminiszenzton
"e", und nicht "ges"; folglich ist dem Akkordton
"fis=ges" (siehe in der Oberstimme) der Reminiszenzton "gis=as"
zuzuordnen, und nicht "e".
Die scharf-dissonanten Intervallzusammenklänge der kleinen Sekund,
der großen Septim, der kleinen Non etc. werden "aufgelöst",
indem eine Stimme in Seitenbewegung (etwa in Takt 3, in Takt 5 u.a.)
oder zwei Stimmen in Gegenbewegung (etwa in Takt 2, beim Taktübergang
2 zu 3 u.a.) stufenweise aus jenem Intervall hinausführen, wobei
dies auch über Reminiszenztöne zu geschehen vermag. Bei der
Ausgestaltung einer Akkordzerlegung (Takt 1: Septim es-d zwischen Unter-
und Mittelstimme) kann eine solche "Dissonanzbehandlung"
unterbleiben.
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