Automatische Klangreihen- und Melodiebildung im Überblick |
|
Will
man in Anlehnung an Josef
Matthias Hauers Praktiken ein kleines fünftaktiges Zwölftonspiel
(Merkmale: Ambitus einer großen Septim, Dreivierteltakt, ein Viertelwert
pro Akkord, Schlußakkord ganztaktig) zu Papier bringen, geht man zuerst
von einer Zwölftonreihe
(in ihrer geschlossenen
Form) aus, welche bereits so konzipiert ist, daß eine daraus gebildete
Klangreihe
in einen befriedigenden Schlußakkord
zu münden vermag (Beispiel Ia und Ib). Hierauf ordnet man die Reihentöne einer gewählten Dreitongruppenkombination zu (Beispiel Ic), markiert sie (etwa durch Einkreisen) für die weiteren Arbeitsgänge und erstellt eine Klangreihe (Beispiel IIa), wobei, wie bereits erwähnt, jedem Klangreihenakkord ein Viertelwert zugedacht wird (Beispiel IIb). Es erweist sich als günstig, dieses und die folgenden Resultate auf einem Tasteninstrument (Klavier, Orgel etc.) durchzuspielen und dabei aufmerksam "hineinzuhören", um die zwölftönige Akkordwelt empfindungsmäßig auszuloten und dabei in Hinblick auf eine kreativere Konzeption zu prüfen, inwieweit diese oder jene Passage dem eigenen Geschmack entgegenkommt beziehungsweise, ob und wo man gerne korrigierend eingegriffen hätte. In die fertige Klangreihe werden nun alle obligaten Sekundschritte eingezeichnet, das sind jene Tonschritte, welche in den Ton der Zwölftonreihe hineinführen (Beispiel III). Auch dieses Zwischenergebnis spielt man auf dem Instrument durch, indem man der linken Hand das Abspielen der Klangreihe anvertraut (Beispiel IIb), während die rechte Hand die obligaten Sekundschritte (und später die Melodien) ausführt. Verbindet man, ausgehend vom 1. Ton der Zwölftonreihe, die einzelnen obligatischen Sekundschritte (Beispiel IVa), dann erhält man automatisch eine melodische Linie ("Melodiefaden"), welche durchwegs aus Achtelnoten und eventuell aus vereinzelten Viertelnoten besteht (Beispiel IVb), wobei Hauer solche Viertelnoten in die repetierende Rhythmusfigur punktierte Achtel + Sechzehntel umzuformen pflegt (Beispiel IVc). Wie man sieht, geht die Melodie vom Reihenton "g" aus und setzt sich mit "c", dem Ausgangston für den obligaten Sekundschritt, fort. Auch der dazwischenliegende Ton "e" läßt sich melodisch miteinbeziehen, wodurch eine dreitönige Melodiefolge entsteht. Analoge Möglichkeiten finden sich in unserem Beispiel beim 3., 6., 7. und 12. Klangreihenakkord (Beispiel Va). Daraus ergibt sich eine rhythmisch reichere Melodieautomatik, denn dreitönige Folgen werden als Achteltriole und viertönige Folgen als vier Sechzehntelnoten zu Papier gebracht (Beispiel Vb). Auch hier lassen sich Viertelnoten durch die Repetitionsfigur punktierte Achtel + Sechzehntel ersetzen (Beispiel Vc). Häufig bringt Hauer anstelle einer Achteltriole die Rhythmusfolge Sechzehntel + Sechzehntel + Achtel (Beispiel Vd). Interessant ist eine weitere Praktik Hauers bei den zweitönigen Melodieabschnitten (zwei Achtel). Eine vierstimmige Klangreihe besteht aus zwei Außenstimmen (1. und 4. Klangreihenstimme) und zwei Binnenstimmen (2. und 3. Klangreihenstimme). Bewegen sich die beiden Achtelnoten von einer äußeren zu einer inneren Klangreihenstimme, dann werden sie als Rhythmusfolge punktierte Achtel + Sechzehntel gebracht (2., 5. und 8. Klangreihenakkord); bewegen sie sich jedoch von einer inneren zu einer äußeren Klangreihenstimme, dann lautet die rhythmische Umformung Sechzehntel + punktierte Achtel (11. Klangreihenakkord); Achtelnoten, die im Bereich der Binnen-Klangreihenstimmen bleiben, werden als solche belassen (9. Klangreihenakkord). Im Sinne dieser melodischen Spielregel ist das Beispiel Ve notiert. |
|
Daß man aus einer solcherart automatisch erstellten zwölftonspielartigen Melodieschablone auch eine kompositorisch gestaltete Tonfolge zu schaffen vermag, läßt sich anhand der Meditation, op. 43, von Johann Sengstschmid nachvollziehen. |
------------------ |