Hauers "melischer Entwurf"
Das vierstimmig-polyphone Gewebe
Die Hauersche Dissonanzkreuzung



Josef Matthias Hauer übermittelt uns sein Zwölftonspiel für Klavier zu vier Händen und Harmonium, entstanden in Wien am 31. Juli 1952, in Partiturform und gewährt uns durch Hinzufügen des "melischen Entwurfes" in seiner Zwölfton-Notenschrift Einblick in das vierstimmig-polyphone Gewebe (Geflecht) des vierhändigen Klaviersatzes, wie man es bei vielen Zwölftonspielen anzutreffen vermag.
  • Jedem Klangreihenakkord wird die gleiche Dauer zugewiesen, nämlich 1 Viertelwert.
  • Die obligaten Sekundschritte treten sowohl in der Harmoniumstimme als auch bei der polyphonen Stimmführung (Klavier) überall dort auf, wo der Akkordwechsel stattfindet.
  • Jeder der vier Töne eines Akkordes ist jeweils einer der polyphonen Stimmen zugeteilt. Es kommt dadurch zu keiner Tonverdopplung, also zu keinen Prim- bzw. Oktavzusammenklängen, was das Fehlen eines Akkordtones nach sich ziehen würde (siehe die Notationsform des "melischen Entwurfs").
  • Wenn ein hart-dissonierender Intervallzusammenklang (kleine Sekund, große Septim sowie deren Oktavvergrößerung wie: kleine Non, Oktav + große Septim etc.) auftritt, wird in der Stimmführung auf eine entsprechende Dissonanzbehandlung geachtet (siehe unten).
  • Die Stimmführung kennzeichnet Hauer durch Linien, wobei er im Manuskript häufig folgende Farbverteilung zu verwenden pflegt: grün = 1. Stimme, gelb (oder orange) = 2. Stimme, blau = 3. Stimme, rot = 4. Stimme.
  • Normalerweise zählt Hauer bei der Taktnumerierung einen vorangestellten Anfangsakkord (= Schlußakkord) nicht mit.
  • Die ersten vier Takte (nach dem Eröffnungsakkord) bringen in regelmäßigen Vierteln die Klangreihe, und an sie schließt sich deren Akkordkrebs an.
  • Diese acht Takte bilden, wie der weitere Verlauf des Zwölftonspiels zeigen würde, die erste Phase eines vierstimmigen Zirkelkanons, der sich nicht gestaffelt aufbaut, sondern gleich mit der vollen Vierstimmigkeit einsetzt




Wie bereits erwähnt wurde, findet man beim gleichzeitigen Erklingen einer harten Dissonanz gewisse Stimmführungszwänge vor (siehe auch die Passagen über die "Dissonanzbehandlung" im Skriptumblatt "Das Komponieren mit Klangreihen"):

Geregelt werden die Eintrittsphase in jenes hart-dissonante Intervall ("Vorbereitung"), seine Verharrungsphase sowie seine Austrittsphase ("Auflösung"). Ihre wichtigsten Merkmale werden am obigen Beispiel aufgezeigt.

Normalerweise wird das dissonierende Intervall in Seitenbewegung stufenweise, also mittels eines Sekundschrittes, erreicht ("vorbereitet") und stufenweise verlassen ("aufgelöst"). Es bleibt also die eine Stimme liegen, während die andere den Sekundschritt ausführt. Eher selten kommt es vor, daß in der Austrittsphase die eine Stimme zwar den beschriebenen Sekundschritt ausführt, die andere jedoch "hinausspringt" (siehe Takt 5).

Wenn der dissonante Zusammenklang zweimal oder öfter hintereinander auftritt ("Verharrungsphase"), dann bleiben die beiden dissonanzbildenden Stimmen liegen (dieser Fall tritt im Beispiel oben nicht auf) oder werden untereinander ausgetauscht. Man spricht hier allgemein von einer "Hauerschen Dissonanzkreuzung" oder speziell von einer "Hauerschen Sekundkreuzung" bzw. "Hauerschen Septimkreuzung".

Die beschriebene Art der "Dissonanzbehandlung" findet zum Teil auch Eingang in den Bereich der Klangreihenmusik. Die Eintrittsphase wird dort eher vernachlässig, aber die Verharrungsphase sowie die Dissonanzauflösung werden in der dargelegten oder in einer modifizierten Form (zum Beispiel bei der "Steinbauerschen Sekundkreuzung") weiter praktiziert.






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Weiterführende Informationen siehe:

Gegenüberstellung der 3 Wiener Zwölftonschulen
Zwölftonmusik
Zwölfton-Notenschriften

Klangreihenmusik
Klangreihenmusik (Gesamtüberblick)

Josef Matthias Hauer

Zwölftonspiel

Tempo eines Zwölftonspiels

Zwölftonspiel - kreatives Spielen - Klangreihenkomposition

Rekonstruktion des Zwölftonspiels (11.6.1955) von J. M. Hauer


Othmar Steinbauer

Othmar Steinbauer: Josef Matthias Hauers Zwölftonspiel

Eigenschaften der Klangreihenmusik
Zur Einführung in die Klangreihenmusik


Verzeichnis der Skriptumblätter
Fachbegriffe (Stichwortverzeichnis)

Allgemeines zur Klangreihe
Obligater Sekundschritt

Akkordkrebs

"Steinbauersche Sekundkreuzung" ("Steinbauersche Dissonanzkreuzung")

Das Komponieren mit Klangreihen

Ambitus und Ambituswechsel

Dreitongruppe und Dreitongruppenkombination

Die schematisch nach Dreitongruppen erstellte Klangreihe

Automatische Klangreihen- und Melodiebildung im Überblick

Zur Klangreihenbildung: Festlegung von Anfangs- bzw. Schlußakkorden


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