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Reihengrundlage des 2. Satzes: Der durchwegs dreistimmig angelegte, gelegentlich mit einigen Akkorden angereicherte 2. Satz (siehe die Noten) ist dreiteilig nach dem Formschema A+B+A angelegt. Für ihn wird das 2. Rotationsglied einer "großen Abwandlung" (Zwölftonreihe R/1) einer "kleinen Abwandlung" unterworfen, welche dreimal vollständig aufscheint und den 4. Durchlauf, nämlich bei R/21=15=9=3, bereits mit dem 9. Reihenton vorzeitig abschließt. Im Zuge der musikalischen Gestaltung stellt Steinbauer einzelne Reihentöne vorübergehend um (siehe die eingezeichneten Pfeile im Beispiel unten); das heißt: in der Folge wird die Abwandlungsform so fortgesetzt, als hätten "temporärer Tonaustausch", "temporäre Tonumstellung" etc. nicht stattgefunden. An solchen Beispielen zeigt sich, daß Steinbauer auf eine formalistische Korrektheit zwölftöniger Strukturen (wie Zwölftonreihen, Permutationsformen etc.) nicht unbedingt Wert legt. Die Abwandlungsdurchläufe dienen der bloßen "Materialbeschaffung". Die klangreihenmäßige Harmonisierung von einander entsprechenden Zwölftonreihen erfolgt verschiedenartig (siehe "genütztes und ungenütztes Formangebot"), sofern nicht entscheidende formale Gesichtspunkte (dreiteilige Anlage, Wiederholung eines Abschnittes, kanonische Partien etc.) in den Vordergrund rücken. Der vordere A-Teil (20 bzw. 27 Takte) bringt eine vollständige kleine Abwandlung und beginnt diese hierauf ein zweites Mal (R/1 bis R/9), bricht jedoch die letzte Zwölftonreihe R/9 mit ihrem 9. Reihenton ab. Dieser A-Teil stellt eine kleine dreiteilige Form nach dem Schema a+a'+a" (bzw. a+a+a'+a") dar: Der erste a-Teil endet mit dem 7. Takt (nach dem 2. Reihenton von R/3), und dort setzt Steinbauer ein Wiederholungszeichen, das einen Sprung zurück in den Satzanfang anzeigt (a+a). Der 5taktige a'-Teil greift in Rhythmik und Melodik, jedoch mit anderer harmonischer Basis, das motivische Material des a-Teils auf und entwickelt es anders weiter. Zu Beginn des 8taktigen a"-Teils wird transponiert auf den a-Teil zurückgegriffen. Dabei erklingt, im Unterschied zum a-Teil, die Oberstimme in der rechten Klavierhand und die Mittelstimme in der Violine. Die Transposition findet sich im Reihenfundus, denn die Reihentöne c-a-f-d-b-ges-es (= 4. bis 10. Reihenton von R/6) stehen eine Quart höher als die Reihentöne g-e-c-a-f-des-b (= Beginn von R/1). Auch in diesem a"-Teil wird der musikalische Satz anders weitergesponnen und nach einem "barocken" Fermate-Ruhepunkt zum Abschluß des A-Teils geführt. Der 9taktige Mittelteil (B-Teil) beginnt mit dem gleichen Reihenton, mit welchem der A-Teil abschließt. Zuerst kommt sechs Takte lang ein dreistimmiger Zirkelkanon in der Oktav, der nicht gestaffelt aufgebaut ist, sondern gleich im vollständigen dreistimmigen Satz beginnt (R/9=3, 9. Reihenton, bis R/11=5, 1. Reihenton). In den drei Kanonphasen dieses Kanonteils wird jedes Kanonelement dreimal gebracht und dann frei weitergeführt, indem das noch verbliebene Reihenmaterial bis zum Ende von R/12=6 vervollständigt wird. Der abschließende A-Teil ist ein ausgeschriebenes "Da Capo" unter Weglassung des Wiederholungszeichens nach dem 7. Takt. |
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Steinbauer, 1. Violinsonate, Form und Struktur: |
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Kleine
Abwandlung: |
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x x! xx + R | = = = = = | Reminiszenzton "übertragener" Reminiszenzton Reminiszenzton des Reminiszenztones Antizipationston (siehe unter Reminiszenzton) Zwölftonreihe |