Nach Dreitongruppen erstellte Klangreihe

Der akkordisch begleitete einstimmige Satz mit Reminiszenztönen


Zunächst gilt beim akkordisch begleiteten Satz mit Reminiszenztönen alles, was sowohl bei der Behandlung des aufgelockerten Klaviersatzes ohne Reminiszenztöne als auch des einstimmigen Satzes ohne Reminiszentöne bezüglich der Vorformung des musikalischen Materials, der Klangreihenbildung (Art der Harmonisierung) etc. gesagt worden ist, nur kommen einige Details hinzu:

Die wichtigsten satztechnischen Prinzipien des akkordisch begleiteten einstimmigen Satzes mit Reminiszenztönen lassen sich anhand der Meditation, op. 43, von Johann Sengstschmid studieren.

Wie im Skriptumblatt "Das Komponieren mit Klangreihen" vorweg erörtert erscheint, setzt der Schaffensprozeß bei einer Klangreihenkomposition meist nach Vorformung des musikalischen Materials ein, und dazu gehört die Bildung der Klangreihe.

Liegt diese vor, dann wird jeder Klangreihenakkord als Ton-"Vorrat" aufgefaßt, aus dem das akkordische und melodische Geschehen gestaltet wird.

Der wohl einfachste Weg, eine akkordische Begleitung zu Papier zu bringen, besteht darin, die Klangreihe wie bei vielen Hauerschen Zwölftonspielen noten- und rhythmusgetreu - also in gleichmäßigen Taktschlägen (in Halben, in Vierteln,...) - abspielen zu lassen (siehe die Skriptumblätter zur Formbeschreibung von Sengstschmids Meditation, op. 43, Seite 2 und Seite 3). Dabei können gleichbleibende Akkordtöne teilweise liegenbleiben ("Meditation für Orgel", op. 43a, oder "Meditation für Altsaxophon und Orgel", op. 43c), oder es werden die einzelnen Akkorde jedesmal einzeln angeschlagen ("Meditation für Klavier", op. 43b). Als Variante davon wäre eine zusätzliche Oktavierung der Akkorde denkbar, wobei die Klänge arpeggiert dargeboten werden ("Meditation für Altsaxophon und Klavier", op. 43d). Natürlich gibt es noch unzählige weitere Gestaltungsvarianten, etwa auch figurativer Art, wie unter anderem aus den Skriptumblättern über die Vielfalt des kompositorischen Einfalls oder über die von Schülern erstellte Passacaglia für Klavier hervorgeht.

Weiters vermögen in Melodie und Begleitung Reminiszenztöne oder gar Reminiszenztöne der Reminiszenztöne aufzutreten.

Ein Reminiszenzton läßt sich als akkordfremder Ton (Vorhalt, Durchgang o.dgl.) verwenden, jedoch im Regelfall nicht alleinstehend, sondern nur vor oder nach dem dazugehörigen Akkordton sowie samt seiner direkten oder indirekten Sekundbindung, wobei der Sekundschritt auch in seiner rückläufigen Form auftreten kann, etwa so (a = Akkordton, g = dessen Reminiszenzton): g-a, a-g, a-g-a oder g-a-g. Analoges gilt für den Reminiszenzton des Reminiszenztones, wobei sich dessen Sekundbindung nicht auf den Akkordton, sondern auf den Reminiszenzton bezieht (g = Reminiszenzton, gis = Reminiszenzton des Reminiszenztones):gis-g, g-gis, g-gis-g oder gis-g-gis.

Beispielsweise verhält sich die Situation der Reminiszenztöne bei den Begleitakkorden in den Takten 27/28 der "Meditation für Orgel", op. 43a, welche auf dem Klangreihenakkord c-d-f-a beruhen, folgendermaßen (abschließender Klangreihenakkord 13):




Der Akkordton a weist g als Reminiszenzton (x) und gis als Reminiszenzton des Reminiszenztones (xx) auf.



Der Akkordton f weist e als Reminiszenzton (x) und fis als Reminiszenzton des Reminiszenztones (xx) auf.



Der Akkordton d weist cis=des als Reminiszenzton (x) und dis=es als Reminiszenzton des Reminiszenztones (xx) auf.



Der Akkordton c weist b als Reminiszenzton (x) und h als Reminiszenzton des Reminiszenztones (xx) auf.


Kompositorisch wird das umgesetzt, indem der höchste Ton "a" liegenbleibt, während die übrigen drei Töne in ihren Reminiszenzton des Reminiszenztones (xx) und in ihren Reminiszenzton (x) ausweichen:





Stimmführung in der 2. Begleitstimme:
Stimmführung in der 3. Begleitstimme:
Stimmführung in der 4. Begleitstimme:





f
d
c




-
-
-


xx:

fis
dis
h




-
-
-


x:

e
cis
b




-
-
-




f
d
c




-
-
-


x:

e
cis
b




-
-
-




f
d
c
     


Die Meditation, op. 43, greift bewußt die meditativ-monotone, zeitlich gleichmäßige Aufeinanderfolge der Klangreihenakkorde wie bei einem Hauerschen Zwölftonspiel auf. Daneben gibt es
natürlich sehr viele andere Praktiken, einen Begleitsatz zu erstellen. Normalerweise existiert für die zeitliche Aufeinanderfolge der Klangreihenakkorde kein vorher festgelegtes Abfolgeschema, sondern sie orientiert sich primär nach dem musikalischen Einfall der Melodie, ja des ganzen Satzes, auch unter Einbeziehung von komprimierten Klangreihen, Klangreihen-Stauungen u.dgl.

Nicht nur die Töne der Akkordbegleitung, sondern auch jene des Melodieparts entstammen dem Tonvorrat des jeweils zugrundeliegenden Klangreihenakkordes, wie dies bei der Behandlung des einstimmigen Satzes ohne Reminiszenztöne beschrieben worden ist. Die melodische Tonfolge läßt sich aber erstellen, indem man eine zwölftonspielartige Melodieschablone umkomponiert (siehe die Meditation, op. 43, von Johann Sengstschmid).

Wie ein Blick auf die entsprechende Skriptumseite der Meditation, op. 43, von Johann Sengstschmid zeigt, müssen nicht alle Töne des Klangreihenakkordes in die Melodie Eingang finden, und jeder im Klangreihenakkord rückverbundene Melodieton kann durch akkordfremde Töne (Reminiszenztöne bzw. Reminiszenztöne der Reminiszenztöne) bereichert werden.

Die "obligaten Sekundschritte" werden in der Regel überall berücksichtigt, wo in der Klangreihe ein Akkordwechsel stattfindet. Wie das in der Praxis geschieht, zeigt das Skriptumblatt "Der unbegleitete einstimmige Satz ohne Reminiszenztöne".

Liegt ein akkordisch begleiteter einstimmiger Satz vor, dann taucht der Sekundschritt entweder in der Melodie, in der Akkordbegleitung oder in beiden auf. Im letztgenannten Fall werden sich dadurch "offene Oktavenparallelen" (nach der Terminologie von Kontrapunkt und Harmonielehre) ergeben, doch diese dürfte das kontrollierende Ohr meistens als unbedenklich einstufen (siehe Seite 2 der Skriptumseite zur Meditation, op. 43, von Johann Sengstschmid, Takt 1/2 ff.); werden sie als störend empfunden, dann sind sie zu vermeiden.



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x = Reminiszenzton, xx = Reminiszenzton des Reminiszenztones


siehe auch:

Josef Matthias Hauer

Zwölftonspiel

Anleitung zur Selbstanfertigung eines modernen Tonstückes:
Rekonstruktion des Zwölftonspiels (11.6.1955) von J. M. Hauer

Eine Schulklasse komponierte in Teamarbeit eine Passacaglia für Klavier (mit Notenwiedergabe)

Johann Sengstschmid

Werkeinspielungen im Internet
Wiedergabe der Noten: Meditation für Orgel, op. 43a

Wiedergabe der Noten: Meditation für Klavier, op. 43b

Wiedergabe der Noten: Meditation für Altsaxophon und Orgel, op. 43c

Wiedergabe der Noten: Meditation für Altsaxophon und Klavier, op. 43d

Meditation für Orgel, op. 43a, Werkeinführung

Meditation für Klavier, op. 43b, Werkeinführung

Meditation für Altsaxophon und Orgel, op. 43c, Werkeinführung

Meditation für Altsaxophon und Klavier, op. 43d, Werkeinführung

Formbeschreibung der "Meditation", op. 43

Satzanalyse der "Meditation", op. 43, von Johann Sengstschmid

Fachbegriffe (Stichwortverzeichnis)

Allgemeines zur Klangreihe

Komprimierte Klangreihe

Klangreihen-Stauung
Das Komponieren mit Klangreihen
Beispiele zur Vielfalt des kompositorischen Einfalls
Dreitongruppe und Dreitongruppenkombination
Die schematisch nach Dreitongruppen erstellte Klangreihe

Von der automatischen zur kompositorisch gestalteten Melodiebildung

Reminiszenztöne

Links

Überblick über Klangreihen-Satztechniken:

Allgemeines zur Klangreihen-Kompositionstechnik
Der aufgelockerte Klaviersatz ohne Reminiszentöne (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der unbegleitete einstimmige Satz ohne Reminiszentöne (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der akkordisch begleitete einstimmige Satz mit Reminiszentönen (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der zweistimmige Satz ohne Reminiszenztöne (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der zweistimmige Satz mit Reminiszenztönen (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der dreistimmige Satz mit Reminiszenztönen (nach Dreitongruppen erstellte Klangreihen)
Der akkordisch begleitete einstimmige Satz mit Reminiszentönen (in freier Harmonisierung erstellte Klangreihen)

Der dreistimmige Satz mit Reminiszenztönen (in freier Harmonisierung erstellte Klangreihen)
Der dreistimmige Satz ohne Reminiszenztöne (Parallele Klangreihen)
Der dreistimmige Satz mit Reminiszenztönen (Parallele Klangreihen)
Der vierstimmige Satz ohne Reminiszenztöne (Parallele Klangreihen)
Der vielstimmige Satz ohne Reminiszenztöne (Parallele Klangreihen)

Neuevangelisierung und Musik

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Klangreihenmusik (Gesamtüberblick)


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