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Reihenfundus aller vier Sätze: Othmar Steinbauers 1. Violinsonate ist viersätzig und lehnt sich in der Satzfolge |
langsam-schnell-langsam-schnell |
formal an die "Sonata da chiesa" (Kirchensonate) an. Ein solcher Bezug entspringt jedoch keiner epigonalen Haltung, sondern ist von der Gewißheit getragen, daß eine natürliche Musikentwicklung nicht durch krampfhaftes Erfinden von neuen Formen stattfindet, sondern durch allmähliches und immer artgerechteres Anpassen an die neuen Kräfte der Klangreihenharmonik (siehe: Werkeinführung). Die einzelnen Zwölftonreihen, welche den Ausgangspunkt für das Klangreihengeschehen in den einzelnen Sätzen bilden, entstammen dem Reihenfundus der folgenden "großen Abwandlung". |
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Untersucht man bei einer großen Abwandlung die Tropenzugehörigkeit der zwölf Rotationsglieder, also aller zwölf Zwölftonreihen, dann wird man auf jeden Fall feststellen, daß die 1. und die 7. Zwölftonreihe auf der gleichen Trope basieren, wenn auch mit vertauschten Tropenhälften; bei der 2. und 8. Zwölftonreihe ist das ebenso der Fall wie bei der 3. und 9. Zwölftonreihe etc. Steinbauer vertrat daher die Lehrmeinung, daß es genügt, die ersten sechs Rotationsglieder zu verwenden, denn bei den zweiten sechs stößt man auf keine neuen Tropen mehr, und das Auftreten von vertauschten Tropenhälften könne man getrost vernachlässigen (gleiche Tropennummer). Steinbauer verwendet nicht alle Rotationsglieder der "großen Abwandlung", sondern trifft daraus eine Auswahl: Der 1. Satz der Violinsonate geht vom 1. Rotationsglied (Zwölftonreihe I) aus, der 2. Satz vom 2. Rotationsglied (Zwölftonreihe II). Das 3. Rotationsglied überspringt Steinbauer und benützt beim 3. Satz gleich das 4. Rotationsglied (Zwölftonreihe IV). Als Ausgangsmaterial für den 4. Satz wählt Steinbauer das 6. Rotationsglied (Zwölftonreihe VI) aus, jedoch zunächst als "Vierzehntonreihe", welche dadurch entsteht, daß er den zwölf Reihentönen nochmals die ersten beiden anfügt: |
f-des-b-ges-es-as-h-d-g-e-c-a-f-des |
Eine spätere Untersuchung dieses Satzanfanges führt jedoch zu dem Ergebnis, daß sich die beiden ersten Reihentöne ("f" und "des") im weiteren Verlauf als harmoniefüllende Töne der Klangreihe und nicht als Töne der Zwölftonreihe entpuppen, sodaß es angemessener erscheint, als Ausgangsmaterial für den 4. Satz das 8. Rotationsglied (Zwölftonreihe VIII) zu nennen. |
Steinbauer, 1. Violinsonate, Form und Struktur: |
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Große
Abwandlung: |
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x x! xx + R | = = = = = | Reminiszenzton "übertragener" Reminiszenzton Reminiszenzton des Reminiszenztones Antizipationston (siehe unter Reminiszenzton) Zwölftonreihe |